Steuerungskonzepte allgemein

Steuerungen von Hochhausaufzugsgruppen sollen sicherstellen, dass jeder Fahrgast nach kurzer Wartezeit in eine Aufzugskabine einsteigen kann, die ihn mit einem Minimum an Zwischenstopps zu seiner Zielhaltestelle bringt. Die ankommende Kabine sollte ausreichend Platz für einen oder mehrere Fahrgäste bieten.

Wir unterscheiden heute konventionelle Steuerungen, bei denen der Fahrgast in der Starthaltestelle die gewünschte Fahrtrichtung wählt, in die nächste in der gewünschten Fahrtrichtung abfahrende Kabine einsteigt und in der Kabine die gewünschte Zielhaltestelle wählt, und Zielwahlsteuerungen, bei denen der Fahrgast bereits in der Starthaltestelle die Zielhaltestelle wählt und in die vorgegebene Kabine einsteigt, die ihn ohne weitere Kommandogabe zur Zielhaltestelle bringt.

Konventionelle Steuerung mittels Sammelsteuerung Auf/Ab

Die Steuerung speichert Außenrufe und Innenkommandos. Diese werden, sofern sie in der aktuellen Fahrtrichtung der Kabine liegen, auf dem Weg nacheinander abgearbeitet.
Man unterscheidet zwischen Abwärts- bzw. Aufwärtssammelsteuerung und Vollsammelsteuerung. Letztere setzt zwei Druckknöpfe voraus (Auf- und Absammelnd). Nach Eingabe eines Fahrtwunsches über die Außentableaus (Ruf) oder vom Kabinentableau (Kommando) wird in der Steuerung die Richtungsauswahl bestimmt (Ruf ober- oder unterhalb des jeweiligen Kabinenstandortes).
Es kann bei Stoßzeiten zu langen Wartezeiten und ein überfüllten Fahrkörben mit dauernden Stopps kommen.

Zielwahlsteuerung

Bei der Zielwahlsteuerung (=Zielauswahlsteuerung = Zielrufsteuerung) wird beim Rufen des Aufzugs bereits das Zielstockwerk eingegeben werden. Dies erlaubt der Steuerung ein gezieltes Disponieren und steigert dadurch die Kapazität erheblich.

Zielwahlsteuerungen haben durch die Kenntnis der Fahrziele der einzelnen Benutzer die Möglichkeit, Personen mit gleichem Ziel in dem gleichen Fahrkorb zu transportieren und damit Stopps zu sparen. Die Förderleistung wird durch Einsparung von Stopps deutlich erhöht. Dies kann sich allerdings, zumindest subjektiv, zu Lasten der Wartezeit auswirken, weil der Fahrgast nach Eingabe des Fahrziels nicht den als nächstes abfahrende Fahrkorb benutzen kann, sondern die ihm zugewiesene Kabine, die eventuell erst als nächste oder übernächste Kabine abfährt.

Das Bedientableau besteht lediglich aus einem Notrufknopf, einem Tür-Auf- sowie einem Tür-Zu-Taster. Eine Stockwerkseingabe im Fahrkorb ist nicht möglich. Sollte der Fahrgast seinen Fahrtwunsch ändern wollen, muss er erst den bestehenden Fahrtwunsch abfahren und an seinem Ziel einen erneuten Fahrtwunsch an dem zentralen Terminal eingeben.

Zielwahl_aussen.jpg

Es befindet sich neben den Tasten für die Stockwerkswahl auch eine spezielle Rollstuhltaste, diese ermöglicht eine verlängerte Tür-Offenzeit und erleichtert somit die Erreichung des vorgesehenen Aufzuges. Weiters wird damit von der Steuerung der erhöhte Platzbedarf eines Rollstuhls berücksichtigt und weniger Personen als üblich der nächsten freien Kabine zuteilt.

Im Vergleich zu konventionellen Steuerungen bleibt die Kabinenauslastung niedrig, die Stopps an den Haltestellen werden reduziert und damit der Fahrkomfort entsprechend erhöht.

Mit der Zielwahlsteuerung ist i.d.R. eine Erhöhung der Förderleistung um 15-20% möglich, die Hersteller geben bei optimiertem Betrieb höhere Werte an.

Hinweis:
Die Zielwahlsteuerung gibt es seit Ende der 90er-Jahre und ist der Standard bei Hochhausanlagen. Durch den wechselnden Besucherstrom und der in unseren Breitengraden ungewöhnliche Bedienung der Aufzugsanlage ist eine Eingewöhnungsphase erforderlich.

Es ist jedoch erforderlich, dass die Bedienung ausreichend in den Ebenen gut lesbar, in mehreren Sprachen, dokumentiert ist und in der Eingewöhnungsphase Personal für die Hilfestellung bereit steht. Ab einem gewissen Bekanntheitsgrad des Systems könnte die Hilfestellung reduziert werden. Zielwahlsteuerungen sind für viele Menschen nicht ohne Einführung und Schulung am konkreten Objekt benutzbar. Dies gilt ganz besonders für Menschen mit Sehbehinderung. In öffentlich zugänglichen Bauten sind Zielwahlsteuerungen darum nicht geeignet.

Logik der Zielwahlsteuerung

Reisezeit

Die Zeit ab Betätigen des Rufknopfes bzw. ab Zieleingabe in der Haltestelle nennen wir Reisezeit. Die Reisezeit besteht aus der Wartezeit, der Einsteigezeit und der Fahrtzeit. Neben der Förderleistung ist die Wartezeit eines der wesentlichen Beurteilungsmerkmale einer Aufzugsanlage. Wenn die subjektiv empfundene Wartezeit kurz ist, werden Aufzugsanlagen als gut und schnell empfunden. Wenn die subjektiv empfundene Wartezeit zu lang ist, werden Aufzugsanlagen als schlecht empfunden.

Die Fahrzeit wird dann als lang empfunden, wenn die Kabine unterwegs zu oft anhält. Besonders unangenehm ist, wenn dabei das Aus- und Einsteigen von Personen in den einzelnen Haltestellen zu lange dauert.

Um das Ziel, alle Fahrgäste schnell zum gewünschten Ziel zu bringen, erreichen zu können, müssen natürlich die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden. Dies sind ausreichend Aufzüge mit ausreichend großen und gut zugänglichen Kabinen, kurze Halteverlustzeiten und eine dem Fahrweg angemessene Geschwindigkeit.

Halteverlustzeit ist die Zeitdifferenz zwischen einer Fahrt von A nach B ohne Zwischenhalt und einer Fahrt von A nach B mit einem Zwischenhalt, einschließlich einer definierten Tür-Offen-Zeit.

Die zulässige Wartezeit am Stockwerk bei einem Bürohaus beträgt gemäß ÖNorm B2450:2005 beträgt max. 40s.
Schon nach etwa 30 Sekunden Wartezeit, so Psychologen, werden Menschen ungeduldig.

Logik hinter der Zielwahlsteuerung

Die ersten Zielwahlsteuerungen waren ausschließlich auf die Reduzierung der Stopps ausgerichtet. Dies führte zu deutlich längeren Wartezeiten.

Die neuesten Zielwahlsteuerungen sind hingegen bei schwachem Verkehr auf Minimierung der Wartezeiten und Reisezeiten ausgelegt und bei steigendem Verkehr wird mehr und mehr Gewicht auf Vermeidung von Stopps gelegt, d.h. auf eine Erhöhung der Förderleistung.

Linkedin: Gernot Einsiedler