Nach dem heutigen Verständnis ist es nicht mehr zumutbar, dass Bewohner über mehrere Stockwerke hinweg Treppen steigen müssen. Oftmals ist das aus gesundheitlichen Gründen gar nicht möglich. Im Gegensatz zu früheren Jahrzehnten können die Bewohner auch nicht auf eine Unterstützung ihrer Mitbewohner wie Nebenmieter „hoffen“.  Die verlassen aus beruflichen Gründen frühmorgens ihre Wohnung und kehren abends zurück. Das gesamte Miteinander unter den Bewohnern ist fremder und anonymer geworden.

Standardgrößen für Aufzüge im Wohnhausbereich sind 630kg (110x140cm-Kabine bzw. 8 Personen) und 1000kg (110x210cm-Kabine bzw. 13 Personen). Beide Kabinen sind barrierefrei.

Die Nenngeschwindigkeit beträgt i.d.R. zwischen 0.63,  1.0 und 1.6 m/s in Wohnhäusern mit mehreren  Stockwerken. Bei Hochhäusern ist 2.5m/s und mehr üblich. Aus wirtschaftlicher und fördertechnischer Sicht sind Aufzüge mit über 7 m/s Geschwindigkeit unsinnig.

Statt größere Aufzüge und schnellere Geschwindigkeiten in einem Wohnhaus zu planen, wäre eine Überlegung auf eine Duplexgruppe bei höheren Wohnhäusern sinnvoll.

Anforderungen  an  Aufzüge  sind  entsprechend  der  vorgesehenen  Nutzung  klar  zu definieren.

Wieviele Benutzer sind im Gebäude und werden den Aufzug gleichzeitig nutzen?
Mehr Benutzer bedeutet mehr Stopps an den Haltestellen.

Die Geschwindigkeit muss so gewählt werden, dass diese auch ausgenutzt werden kann. Was nützt ein starkes Auto, wenn man in der Stadt bei jeder Ampel steht? Gleiches gilt für den Aufzug. Versetzte Stockwerke, bei dem der Aufzug nicht die volle Geschwindigkeit erreicht, gehören eingerechnet.


Erklärung der Fahrkurve: Der Aufzug fährt abwärts und wurde mit 1,6m/s ausgelegt, der Stockwerksabstand ist geringer, sodass er zwischen den Stockwerken nicht auf Nenngeschwindigkeit kommt. Der Aufzug beschleunigt bis auf 1,37m/s und bremst sich dann wieder ein.


Erklärung der Fahrkurve: Der Aufzug fährt aufwärts. Sowohl im Zwischenstockverkehr als auch über mehrere Stockwerke erreicht der Aufzug seine Nenngeschwindigkeit von 1m/s.

Für die lineare Beschleunigung und Abbremsung kann ein Wert a = 0,6 m/s² angenommen werden, steilere Werte über 0,8m/s² sind unbehaglich. Ein Aufzug braucht ca.2,5s um auf die Nenngeschwindigkeit 1,6m/s zu kommen. Bei normalen Stockwerksabständen von 3m wird die Geschwindigkeit im Zwischenstockverkehr nicht erreicht.

Fahrzeit ist nur ein Faktor, das Zu,- und Aussteigen der Nutzer und die so entstehende Anhaltezeit auf den Haltestellen wirkt sich wesentlich stärker auf die Gesamtzeit aus. Dieser Zeitraum verlängert sich dann recht deutlich, wenn der Aufzug in jedem Stockwerk hält. Mit Öffnen und Schließen der Aufzugkabine vergehen „wertvolle Sekunden“.

Der Aufzug wird jedoch selten mit der maximalen Personenzahl belegt, da Körperkontakt gemieden wird und normalerweise nur so viele Personen zusteigen, dass ein angenehmes Stehen gerade noch möglich ist.

Auslegung (Größe und Anzahl von Aufzugsanlagen) über die Kennwerte:
Umlaufzeit ist die Zeit, die der Aufzug benötigt, um wieder an der Ausgangsposition anzugelangen (z.B. EG – 5. OG – EG).
Mittlere Wartezeit ist die durchschnittliche Zeit, bis ein Fahrgast an einer Station abgeholt wird.

Als Vorgabe gilt:
Wohnhaus 80 … 120
Hotel 30 … 50
Bürogebäude 30 … 40
Schulgebäude 30 … 40
Krankenhaus 30 … 40

Bei Durchführung einer überschlägigen Verkehrsberechnung ist zunächst abzuschätzen, wie viele Personen den Aufzug benutzen werden und in welchem Zeitraum diese Personen in die oberen Stockwerke zu transportieren sind.

Es kann überschlägig angenommen werden, dass
a) erst ab dem zweiten Obergeschoss regelmäßig 80 % der Gebäudebenutzer den
Aufzug verwenden und
b) der Fahrkorb nur mit 75 % der zulässigen Personenzahl belegt wird.

Die erforderliche Grundfläche von Kabinen ergibt sich aus der Anzahl der Personen die transportiert werden müssen. Es ist anzustreben, daß für diese Personen
eine Nettogrundfläche je Person von mindestens 0,22 m² zur Verfügung steht.

Die Fahrzeit von Haltestelle zu Haltestelle kann aus der Fahrgeschwindigkeit typisch 1,0 m/s und der Förderhöhe errechnet werden.
Hinzu kommt ein Zuschlag für Beschleunigen und Verzögern, Öffnen und Schließen der Türen und Aus- bzw. Einsteigen der Personen von ca. 10 Sekunden je Halt.
Beim Befüllen eines Gebäudes kann davon ausgegangen werden, dass von den oberen Haltestellen nicht jede Haltestelle, sondern nur jede zweite Haltestelle angefahren wird.

überschlägige Berechnung der Wartezeit / Umlaufzeit = (Förderhöhe/Geschwindigkeit)*2 + ((Anzahl Haltestellen -2)/2)*10

Für jede versetzt Kurzhaltstelle ist der durchschnittliche Haltestellenabstand der Förderhöhe hinzu zufügen.

Da die Planung von Aufzugsanlagen generell eine Frage von Kosten, Platzbedarf und Komfort ist, sollte überlegt werden, ob eher mehrere kleine Aufzugsanlagen (höhere Flexibilität, mehr Komfort, geringere Wartezeiten ) oder nur einzelne große Anlagen zum Einsatz kommen. Diese Kriterien sind mit der Gesamtkonzeption der Gebäudeplanung zu diskutieren. Es ist sinnvoll, den Aufzug jeweils im Stiegenhaus oder in seiner Nähe anzuordnen.

Linkedin: Gernot Einsiedler